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Kleinigkeiten

Nach den letzten beiden, längeren Artikelserien geht es heute um des Ausgleichs Willen um Kleinigkeiten. Einmal hinsichtlich des Inhalts (Keine jüdischen Holocaustrelativierer oder Ähnliches), aber auch die physische Größe betreffend – keines der heutigen vier Fundstücke ist größer als eine Visitenkarte. Das hier zum Beispiel:

Um ganz sicher zu gehen, wurden die Viecher vorher wahrscheinlich in Terpentin gebadet.

Wer heutzutage sein Auto fünf Minuten alleine lässt, kann sich sicher sein, bei seiner Rückkunft eine ins Fenster gesteckte, laminierte Visitenkarte vorzufinden, auf der einem angeboten wird, den Wagen gegen eine Handvoll Zloty einzutauschen, damit er irgendwo hinter dem Ural ein neues Zuhause finden möge. Ich kenne zwar niemanden, der jemals bei einem dieser Autohändler durchgeklingelt hätte, aber immerhin ist der Fund einer solchen Karte hinter der Fenstergummierung ein prima Indikator für den optischen Zustand des Gefährts – Wenn jemand befindet, ein Automobil sei so gerade noch gut genug für den Walfischtran-Transport in Wladiwostok, es aber nicht einfach aufbricht und mitnimmt, sondern sogar bereit ist, aus Mitleid was dafür zu spenden, wird es höchste Zeit, die Karre mal wieder in der Waschstraße zu parken.

Das wirklich Geheimnisvolle: Diese Autohändlerkärtchen gibt es in unseren Breitengraden seit bestimmt zehn bis fünfzehn Jahren. In dieser ganzen Zeit aber habe ich nicht ein einziges Mal gesehen, wie jemand ein solches an irgendeinem Auto appliziert hat. Autohändlerkärtchenverteiler sind Phantome, und vor allem bei Buddi bedauere ich das:

Den Mann hätte ich gerne kennengelernt, einfach um zu wissen, was das wohl für einer ist. Na, mag die eine oder andere gewitzte Seele murmeln, dann ruf ihn halt an auf seinem Autotelefon (ein im Übrigen faszinierendes Wort, weil es vor relativ kurzer Zeit erst aufkam und heute bereits wieder so gut wie gänzlich verschwunden ist, genau wie z.B. der Begriff der „Wilden Ehe“). Das ginge natürlich, nur habe ich kein Auto hier, das er dann Anukaufe könnte. Und was passiert, wenn ich einen seriösen Geschäftsmann ohne Not von seinem „Auto , Handel“ ablenke, kann man sich leicht zusammenreimen:

Wer während der letzten rund vierzig Jahre mal über irgendeine Kirmes geschlendert ist, dürfte am Wagen des Wahrsagers El Fantadu vorbeigekommen sein. Für momentan 20,- € (so meine ich mich erinnern zu können) legt der gute Mann die Tarotkarten auf den Tisch und beantwortet Fragen zu, so die Rückseite seiner Visitenkarte, „Liebe, Beruf, Familie & Glück.“

Für dich immer noch FantaSIE.

Nichtsdestotrotz kann ich ihm aus diesem Mumpitz schlecht einen Strick drehen, denn ich sitze ja auch nicht in der Geisterbahn und erwarte, von realen Monstren angefallen zu werden. Es ist Schaustellerei, und in diesem performativen Kontext hat auch Hokuspokus eine Daseinsberechtigung. Dass Big El aus seinem Rummel-Ruhm noch anderweitig Kapital zu schlagen versucht und jenseits der Volksfest-Saison eine „telefonische Fernberatung“ für 1,98 pro Minute anbietet – geschenkt. Gebrannte Mandeln bekommt man ja auch nicht nur auf dem Jahr-, sondern auch schon mal im Supermarkt.

Ich habe Old Fantadu herausgekramt, weil ich mir vorstellen kann, dass es Leute gibt, denen er so gar nicht passt. Diese Vermarktung. Das Professionelle. Wie sollen denn in so einem weltlichen Umfeld noch rohe, kosmische Kräfte walten können? Echte Rosenquarzpendler würden doch wohl wahrscheinlich einen etwas obskureren und damit per se glaubwürdigeren Anbieter bevorzugen. Zum Beispiel den Urheber/die Urheberin dieses fotokopierten Zettelchens, das ich mal in meinem Briefkasten gefunden habe:

Jawollja: Die Fähigkeit, sogar über Vergangenheit und Gegenwart reden zu können. Tarotkarten mit einer Vorgeschichte wie eine Stradivari. Finanzielle Interessen, die nur am Rande eine Rolle spielen und den fertig kopierten Wurfsendungen deshalb betont beiläufig und achtlos auf eben diesen gekritzelt werden. So machen das die wahrhaft Sehenden.

Falls hier jemand Ärger mit dem Kücheninventar hat, habe ich eine erstklassige Empfehlung:

Ideal, wenn mal wieder der USB-Port am Trockner hakt. Der Fairness halber sei erwähnt, dass auf der Rückseite der Karte ein „Multi-Media Fernsehdienst“ seine Künste anbietet. Vielleicht hat man also beim Layouten der Vorderseite einfach nur vergessen, die erste Zeile zu löschen, was zwar dämlich, aber irgendwie auch beruhigend und vergleichsweise harmlos wäre – dagegen hat mir Kai (seines Zeichens Prinzipal des Instituts für Psychotronik) mal von einer Begegnung auf der Autobahn erzählt, deren Umstände er sich wie folgt rekonstruiert hat: Da gab es offenbar irgendwo eine Pizzeria namens „Pizzaland“, die ihr Pizzataxi mit einem großformatigen Werbeaufkleber versehen wollte. Zwischen Pizza-Shop und Photoshop muss es dann aber ein Missverständnis gegeben haben, und so prangte auf dem Wagen, der vor Kai her fuhr, nun der Name „Pizzeria Taxiland“.

Das war zumindest die Erklärung, die auch mir am logischsten erschien. Dann allerdings habe ich das hier in Herne entdeckt:

Offensichtlich lassen sich nicht alle Seltsamkeiten so ohne weiteres wegerklären.

So. Das war diesmal dem Thema entsprechend kurz und knapp, aber dafür gibt es im Laufe der Woche noch eine Quasi-Fortsetzung in Videoform.



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8 Kommentare

1) CrazyEddie

9. Januar 2011, 18:07

Kann es sein, dass El Fantadu ausschaut wie Gunther Emmerlich?

2) Lukas

9. Januar 2011, 18:16

Oha, stimmt. Meine erste Assoziation war Ivan Rebroff, aber wahrscheinlich ähnelt er überhaupt jedem älteren Herrn mit grauem Vollbart. :-:

3) Gregor

9. Januar 2011, 19:09

„Für dich immer noch FantaSIE.“

Gratuliere, das ist einer Wizball-Gedächtnis-Medaille würdig.

4) Lukas

9. Januar 2011, 19:23

Die müsste ich ablehnen – das ist schlicht der Titel des letztjährigen Albums der Fantastischen Vier.

5) comicfreak

10. Januar 2011, 10:40

..die Pizzeria ist toll!

Die Mütze von El Fantadu ist identisch mit der Mütze des Großwesirs bei Kalif Storch aufgeführt vom Wasgau-Theater

6) Lenny

10. Januar 2011, 17:31

Nue ein kleiner Sprung für den Lukas, aber ein großer Montagsaufheller für Lenny;-)
Danke dafür!

7) Peroy

11. Januar 2011, 13:43

„Buddi“ klingt so ähnlich wie „Buddy“ und du heißt Lukas… das ist lustig. 😀

8) Reini

12. Januar 2011, 13:40

Meine Freundin hat tatsächlich mal bei solchen „laminierte-Visitenkarten-Stecker“ angerufen.. worauf ein recht seltsames Zweierteam erschien (Look: „Ostzonen-Nazi“ und „Afghanischer Bombenleger“) und ihr gleich klar wurde, dass sie den Preis zu niedrig angesetzt hatte – die wollten sofort „Deal“ sagen, ohne unter die Motorhaube zu gucken oder gar eine Probefahrt zu tätigen!

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